Der Quattro - Synonym für perfektes Fahren

Audis permanenter Allradantrieb war 1980 konkurrenzlos. Und, meiner Meinung nach, ist er es heute immer noch. Er gewährleistete Fahrleistungen jenseits von Gut und Böse. 1978 erklomm ein Prototyp die Turracher Höhe, 23% maximale Steigung machen sie zu Europas steilstem Alpenpaß. Für den Wagen keinerlei Problem, obwohl es Januar war und Sommerreifen ohne Schneeketten aufgezogen waren!
So erklomm dann später ein Typ44 mit Quattro eine Skischanze, Guinness-Buch und Weltrekord!
Der Werbespot hierzu ist genial. Die erste Einstellung: Hubschrauberkamera: rotes Auto auf Skischanze. Schnitt. Kamera hinter dem Auto. Schwenk von links nach rechts. Zuerst: Audi, dann das magische Wort: Quattro! Schnitt. Kamera vor dem eingeschneiten Auto. Der Schnee liegt auf den vier Ringen wie gemalt. Dann wird der Motor angelassen, die Scheibenwischer und das Licht gehen an. Dann stürmt der Audi 100 quattro die Skischanze hoch, nur durch ein dünnes Stahlseil gesichert!!! Dabei Kamera haupsächlich von schräg vorne. Oben angekommen wieder Hubschrauberkamera: ZoomOut. Das geniale Ende eines genialen Werbespots für ein geniales Produkt.
200PS im Ur-Quattro brachten den Quattro noch nicht mal zum Schwitzen. 530PS und 740Nm im Audi S1 (Rallye Ausführung) sorgten für neue Dimensionen. Und mit einer Evolutionsstufe (598PS) stellte Walter "Quattro" Röhrl einen Streckenrekord beim amerikanischen Pikes Peak Bergrennen auf.
Michelle Mouton hatte nach ihrem Sieg 1984, 1985 als erste und bisher einzige Frau einen Streckenrekord aufgestellt. 1986 verbesserte Bobby Unser (doch, genau der!) ebenfalls auf Audi den Rekord von Michelle von 11:25.39 auf 11:09.22.
1987 bleib dann Walter Röhrl als erster Mensch unter 11 Minuten: 10:47.85.
1988 wurde der Rekord nochmals verbessert, aber nur 63 Hunderstel: Ari Vatanen auf Peugeot, einem Mittelmotor-Monster.
1993 brach Dallenbach den Rekord um 3,5 sec mit einem Chevy in der Open-wheel Klasse, das Fahrzeug basierte aber nicht annähernd auf einem Serienwagen.
Erst 94, 7 Jahre nach Röhrls grandiosem Triumph, wurde der Rekord deutlich verbessert: Ein Toyota "Celica Supra", von Millen gesteuert, fuhr 10:04.06. Der Toyota hatte mit dem Ursprungsfahrzeug noch weniger zu tun als der S1 (z.B.: Mittelmotor und Allradlenkung). Vermutlich wird Audi deshalb noch jahrelang den Rekord für Frontmotor-Fahrzeuge halten. Audi war auch die einzige Marke, die es schaffte, viermal hintereinander zu gewinnen und dreimal hintereinander den Streckenrekord zu verbessern! Während der Evolution des Quattros gewannen sie alles im internationalen Rallye-Bereich. Auch nach dem Ende der 600PS Monster gewann der Audi 200 quattro noch einige Titel. Auch auf der Rundstrecke feierte Audi Erfolge. Der Vorsprung durch Technik war in der Tat so groß, daß Audi aus mehreren Serien herausgeekelt oder Siegchancen durch unfaire Regeln verhindert wurden.
In den USA gewannen aufgeladene Audi 90 quattro (IMSA-Serie) und 200 quattro (Trans-Am-Serie) Meisterschaften bzw. Seriensiege- als erste nichtamerikanische Fahrzeuge. Resultat: Heute dürfen in der Trans-Am-Serie nur noch amerikanische Fahrzeuge teilnehmen.
In der DTM Serie fuhren die schweren V8 mit ihren genialen Motoren und dem Quattro alles in Grund und Boden. Das war Mercedes und BMW hochnotpeinlich. Unvergessen das Rennen auf der Avus, wo 4 V8s durch Windschattenfahren bessere Rundenzeiten fuhren als im Training. Oder Hans-Joachim Stuck, der aus der letzten Reihe im Regen startete und noch gewann. Wenn die Konkurrenz noch zwischen Intermediates und Regenreifen überlegte, überlegte man bei Audi zwischen Slicks und Intermediates.
Audi war die erste Marke, die die DTM zweimal nacheinander gewann (91 + 92). Dann machten BMW und Mercedes Politik und eine vorher erlaubte Kurbelwelle wurde verboten. So wurde 93 die letzte Saison für Audi in der DTM. Makaber: Audi vertrieben, BMW hatte kein anständiges Auto, die DTM stand vor dem Aus - selber schuld, Mercedes sollte dadurch glanzlose Meisterschaften gewinnen.
So wechselte Audi in die STW-Serie. Hier wurden Audi 80 und dann A4 ebenfalls die, die es zu schlagen galt. Da das die Konkurrenz (hauptsächlich BMW) nicht von alleine schaffte, mußte das Reglement nachhelfen. Zusatzgewichte machten Audi buchstäblich schwer zu schaffen. Aber sie gewannen dennoch. Doch die traurige Krönung: Internationales Rennverbot in der STW-Serie für Allradantrieb. Die Anzeige, in der ein STW-A4 mit einer Radkralle unbeweglich gemacht ist, dürfte wohl eine der besten Anzeigen überhaupt sein.
Meine Meinung: Wenn die Konkurrenz unfähig ist, anständige Autos zu bauen, sollte doch wohl nicht Audi bestraft werden. Dieser ganze Zusatzgewicht-Unsinn ist doch wettbewerbsverfremdent. Oder hat jemand Carl Lewis eine Bleigurt umgehängt oder Michael Jordans Hand auf den Rücken gebunden oder Boris Becker die Augen verbunden? Eben!

Verfasst von Jens Roesner